Kutters Lebenswerk lässt sich mit der Entwicklung des Schiefspieglers in anastigmatischer und komafreier Anlage umreißen. Sein bekannter 110mm-KOSMOS-Schiefspiegler wurde in den Sechzigern in erheblichen Stückzahlen als Bausatz durch den Stuttgarter Verlag vertrieben.

Die “klassischen” Schiefspiegler haben als Zwei-Spiegel-Systeme feste Öffnungs-Obergrenzen, weil die Anforderungen an die Kompensation der entstehenden Fehler, wie Astigmatismus und Koma, überproportional zur Öffnung ansteigen.

Mit der Einführung einer dritten optischen Fläche ergeben sich neue Möglichkeiten die Abbildungsfehler zu bekämpfen. Daher beschäftigte sich Kutter in der Spätphase seines Schaffens mit den Tri-Schiefspieglern, ohne dass diese jedoch nennenswerte Verbreitung in deutschen Amateurkreisen fanden.

Somit war über drei Jahrzehnte eine Stagnation der deutschen Schiefspiegler-Weiterentwicklung zu verzeichnen. Ein Grund hierfür mag auch das Fehlen von leistungsfähigen Rechenhilfen gewesen sein. Kutter war der letzte Optik-Designer, der sich mit Rechenstab und Logarithmentafel plagen musste.

Das änderte sich, als Michael Brunn in den 90er Jahren eine systematische, geradezu wissenschaftliche Aufarbeitung der bestehenden Schiefspiegler durchführte. Er eignete sich das PC-Programmieren in einer Hochsprache an und entwickelte eigene Strahldurchrechnungsprogramme mit grafischer Darstellung der Strahlvereinigung in der Fokalebene. Mit diesen hocheffizienten Werkzeugen konnte er in Sekunden die Kutterschen Tri-Schiefs durchrechnen bzw. iterativ optimieren.

An den Tri-Schiefs (amerikanische Kurzbezeichnung) war leider zu bemängeln, dass die ungerade Anzahl von Reflexionen zu einer in der Astronomie unüblichen Bildorientierung führt, was einen erheblichen Nachteil darstellt. So wurde eine vierte Planfläche eingeführt, wobei Michael Brunn erkannte, dass sich bei vier Spiegeln neue Freiheitsgrade der Fehlerkorrektur ergeben. Daraufhin entwickelte er eine Reihe von Tetra-Schiefspieglern.

Der wohl gelungenste Typ sei hier vorgestellt. Er besticht durch sein schiefspiegler-ungewöhnlich “schnelles” Öffnungsverhältnis von 12,8 und seine vergleichsweise kompakten Abmessungen. So ist das Fangrohr bei 255mm Öffnung nur 1,45m lang, kürzer als bei einem anastigmatischen Schief mit nur 150mm Öffnung.

 

Tetra-Schief nach Brunn mit 255mm Öffnung, bei F-12,8

 

Strahlvereinigung des Tetra-Schiefs nach Brunn mit 255mm Öffnung

 

Mechanischer Entwurf des Tetra-Schiefs nach Brunn mit 255mm Öffnung

 

Der mechanische Entwurf lässt erkennen, dass es möglich ist, dieses Fernrohr an eine gegengewichtslose Montierung anzuflanschen. Somit ließe sich eine vergleichsweise leichte Montierung schaffen, für die dieser Fernrohrtyp prädestiniert wäre.